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Öffentliche Dienstleistungen sind wichtig

Ein qualitativ hochwertiges, öffentliches Gesundheitssystem, ein gut ausgebautes, erschwingliches öffentliches Verkehrsnetz, frei zugängliche, sichere Sanitäranlagen – sind nur drei Beispiele für soziale Dienstleistungen und Infrastruktur, von denen Frauen und Mädchen besonders profitieren.


So reduziert ein qualitativ hochwertiges, öffentliches Gesundheitssystem den Anteil an unbezahlter Pflegearbeit von Frauen. Dank eines gut ausgebauten, erschwinglichen öffentlichen Verkehrsnetzes können Kleinbäuerinnen in ländlichen Gebieten lokale Märkte erreichen und ihre Produkte anbieten. Sichere und frei zugängliche Sanitäranlagen und der Zugang zu Hygieneartikeln erlauben es Mädchen auch während ihrer Menstruation die Schule zu besuchen.

Wir brauchen qualitative öffentliche Dienstleistungen und Infrastruktur, die den Bedürfnissen der Geschlechter gerecht werden. Nur diese können dazu beitragen, die Rechte von Frauen und Mädchen zu verwirklichen. In diesen Punkten waren sich bislang alle DiskutantInnen und InputgeberInnen auf der UN-Frauenstatuskommission einig, die ich zu dem Thema gehört habe.

Warum sind qualitative öffentliche Dienstleistungen und Infrastruktur so wichtig für Frauen und Mädchen weltweit?

Frauen und Mädchen sind überdurchschnittlich oft von Armut betroffen und somit nicht finanzkräftig genug, um private Anbieter in Anspruch zu nehmen. Der Zugang zu privaten Dienstleistungen und kostspieliger Infrastruktur bleibt vielen von ihnen somit verwehrt. Frauen und Mädchen sind besonders auf öffentliche Dienstleistungen und Infrastruktur angewiesen, auch aufgrund der ungleichen Verteilung von unbezahlter Arbeit zu Lasten von Frauen und Mädchen, wegen ihrer reproduktiven Gesundheit und den daraus erwachsenden Bedürfnissen und in Folge von geschlechterbasierter Gewalt. Werden staatliche Ausgaben für öffentliche Dienstleistungen, Infrastruktur und Sozialsysteme im Zuge von Austeritätsmaßnahmen gestrichen, dann passiert das auf dem Rücken von Frauen und Mädchen. Eine direkte Auswirkung von Einsparungen ist die Zunahme ihrer unbezahlten Arbeit, womit die Einschnitte zum Teil abgefedert werden.

So passiert in der Ukraine im Zuge von Einsparungsmaßnahmen, die als „geschlechterneutrale“ Antwort auf die wirtschaftliche Krise propagiert wurde, die Ende 2013 ihren Lauf genommen hat. „Schulen und Gesundheitseinrichtungen wurden geschlossen. Frauen verloren Betreuungsangebote für ihre Kinder und Pflegemöglichkeiten für ihre Angehörige. Darüber hinaus wurden ein Drittel aller Arbeitsstellen in weiblich dominierten Bereichen wie Bildung, Gesundheitsvorsorge und anderen öffentlichen Dienstleistungen abgeschafft“, so Oksana Dutchak, eine Soziologin aus der Ukraine bei einer Veranstaltung im Rahmen der UN-Frauenstatuskommission, die staatliche Einsparungsmaßnahmen in Europa unter die Lupe genommen hat.

Somit sehen sich Frauen in der Ukraine heute mit weniger Arbeitsmöglichkeiten, weniger Dienstleistungen und weniger Unterstützung in ihrer reproduktiven Arbeit konfrontiert. Nochmals besonders betroffen von den Kürzungen sind dabei ältere Frauen, Frauen in ländlichen Gebieten, Frauen mit Behinderungen und Frauen, die in der Nähe der ostukrainischen Frontlinie leben.

Von Einsparungsmaßnahmen sind viele Frauen und Mädchen weltweit betroffen. Einige, allen voran indigene Frauen und Mädchen, leben als Folge von Kolonialisierungsprozessen in einer fortdauernden Situation der Austerität, wie eine Teilnehmerin in der Diskussionsrunde sichtlich amüsiert feststellt: „Es ist interessant zu beobachten, wie ihr Austerität für euch entdeckt“. Andere Frauen und Mädchen sind dagegen unmittelbar jetzt mit einem Rückschritt bei Frauenrechten in Folge von Einsparungsmaßnahmen betroffen. So plant Mexikos Präsident Andrés Manual López Obrador die staatliche Unterstützung von Kinderbetreuungseinrichtungen zu Streichen und das Geld direkt den Eltern zu vergeben.

Für einen weiteren Aufschrei innerhalb der mexikanischen Frauenrechtsszene hat sein Plan gesorgt, die Finanzierung von Frauenhäusern für Betroffene von Gewalt mit einer Direktfinanzierung der Gewaltopfer zu ersetzen. Diesen Plan musste Obrador jedoch fallen lassen, nachdem FrauenrechtsaktivistInnen und Teile der Zivilgesellschaft lautstark und aktiv dagegen auftraten, wie eine Frauenrechtsaktivistin aus Mexiko in der Diskussionsrunde in Folge der Veranstaltung erzählte. Nichtsdestotrotz ist es der sich vielerorts vollziehende Rechtsruck, der vielen FrauenrechtsverteidigerInnen keine Atempause geben wird. La resistencia vive. 


 

Aleksandra Kolodziejczyk, Referentin für Geschlechtergerechtigkeit von Brot für die Welt Österreich, berichtet von ihren Eindrücken von der 63. Tagung der UN-Frauenstatuskommission in New York.